Welche Gefühle kann die neue Situation auslösen? Irgendwie ist doch alles fast wie früher, aber doch anders. Trotzdem machst du dir ständig Sorgen und fühlst dich schuldig. Hier findest du viele Erklärungen und Tipps zu diesen neuen Gefühlen.

Welche Gefühle können durch die neue Situation entstehen?

Eine Hirnverletzung ist ein einschneidendes Erlebnis, dass sowohl deinen Vater/deine Mutter als auch dich verändert. Du hast bestimmt viele unterschiedliche Gefühle. Diese können jeden Tag ein bisschen anders sein, sie können auch von einer Minute zur anderen wechseln. Das kann ganz schön verwirrend sein. Es kann beispielsweise sein, dass du wütend bist und im nächsten Moment weinen musst. Vielleicht hast du dann ein schlechtes Gewissen, weil du wütend und laut wurdest. Vielleicht musst du in der Schule mal weinen, weil es dich so traurig macht, dass es deinem Vater/deiner Mutter nicht gut geht, oder weil er/sie sich so verändert hat. Es kann auch sein, dass du dich mal schämst oder Angst hast. Alle hier genannten Gefühle sind völlig normal. Auch, dass sie ganz schnell wechseln können.

Wenn dir alles manchmal zu viel wird und du mit deinen Gefühlen nicht allein sein willst, kann es guttun, jemanden zu finden, dem du dich anvertrauen kannst. Das kann ein Geschwister, ein Onkel oder eine Tante, deine Grossmutter oder dein Grossvater, ein Freund oder eine Freundin sein. Vielleicht möchtest du mit jemandem reden, der deinen Vater/deine Mutter nicht kennt. Dann kannst du zum Beispiel zur Schulsozialarbeit deiner Schule oder zu einer Fachstelle gehen.

Wenn du aber mal Ruhe brauchst und nicht reden möchtest, darfst du dich zu Hause jederzeit in dein Zimmer zurückziehen oder sagen, dass du gerade nicht reden möchtest. Vielleicht hilft es dir auch, deine Gefühle zu malen oder aufzuschreiben, als Geschichte oder in einem Tagebuch, das nur du lesen darfst. Oder rauszugehen und Sport zu machen. Je nachdem, wie du dich fühlst, können unterschiedliche Sachen helfen. Wir geben dir hierzu in den einzelnen Texten einige Tipps. Die besten Ideen hast aber wahrscheinlich du selbst, weil du dich am besten kennst.

1

Angst

2

Scham

3

Schuld

4

Trauer

5

Wut

6

Hilflosigkeit

7

überforderung

8

Sorge

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Angst

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Scham

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Schuld

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Trauer

5

Wut

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Hilflosigkeit

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Überforderung

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Sorge

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Angst

2

Scham

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Schuld

4

Trauer

5

Wut

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Hilflosigkeit

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Überforderung

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Sorgen

1. Angst

Das, was deiner Mutter/deinem Vater passiert ist, kann dir Angst machen. Dieser Vorfall hat deine Mutter/deinen Vater und euer aller Leben von einer Sekunde auf die andere völlig verändert. Vielleicht hast du Angst, dass dir dies auch passieren kann. Du fürchtest dich manchmal vor deiner Mutter/deinem Vater, weil sie/er sich so verändert hat. Oder du hast Angst vor der Zukunft und weisst nicht, wie es weitergehen soll. Vieles, was wir nicht verstehen, macht uns Angst. Gerade wenn du Angst hast, kann es besonders guttun, mit jemandem über die Ängste zu reden. Wenn es jemand sein soll, der deine Mutter/deinen Vater nicht kennt, kannst du zum Beispiel auch zur Schulsozialarbeit deiner Schule gehen.

Tipps

Wenn du in der Nacht Angst hast, kannst du deine Eltern oder ein Geschwister fragen, ob du bei ihnen schlafen darfst.

Du kannst auch einen Gegenstand/eine Figur nehmen, die für deine Angst steht. Diese könntest du in eine Kiste legen und im Wald vergraben oder die Kiste in den Keller oder auf den Dachboden stellen, einfach irgendwohin, wo du das Gefühl hast, dass deine Ängste gut weggepackt sind.

Es kann auch helfen, ein Bild von deinen Ängsten zu malen.

Möglicherweise hilft es dir auch einfach, dich zu bewegen, nach draussen zu gehen und Sport zu machen.

2. Scham

Es kann sein, dass du dich manchmal schämst für deine Mutter/deinen Vater und sie/ihn richtig peinlich findest. Sie/er ist nicht mehr wie andere Mütter/Väter. Sie/er arbeitet vielleicht weniger als früher oder gar nicht mehr. Vielleicht ist deine Mutter/dein Vater jetzt im Rollstuhl. Oder sie/er läuft mit einem Stock oder läuft so, dass andere Leute schauen.

Es kann auch sein, dass deine Mutter/dein Vater nicht mehr sprechen kann oder sehr undeutlich spricht. Vielleicht schämst du dich, weil du in der Schule oder zu Hause wütend wurdest oder weinen musstest. Auch hier ist es völlig normal, dass du dich mal schämst. Du wünschst dir bestimmt oft, dass deine Mutter/dein Vater wieder ist wie früher oder wie andere Eltern. Wichtig ist, dass du weisst, dass es nichts gibt, wofür du dich schämen musst. Du musst dich nicht für deine Gefühle schämen oder dafür, dass deine Mutter/dein Vater anders ist.

Tipps

Es ist völlig normal und in Ordnung, dass du solche Schamgefühle hast. Dafür sollst du nicht auf dich selber böse sein. Nimm sie an, wie sie sind.

Tausche dich mit anderen aus, die eine ähnliche Situation erleben.

In verschiedenen Situationen, wenn z.B. jemand deinen Vater/deine Mutter blöd anschaut, dann werde aktiv und sage den Leuten, dass dein Vater/deine Mutter eine Hirnverletzung hatte und deswegen diese Schwierigkeiten hat. Du kannst dich auch direkt an die gaffende Person wenden mit einer Frage wie «Haben Sie eine Frage?».

3. Schuld

Es gibt vielleicht Tage, an denen du denkst, dass es deine Schuld ist, dass dein Vater/deine Mutter eine Hirnverletzung erlitten hat. Vielleicht habt ihr gestritten oder du hast deinen Vater/deine Mutter wütend gemacht, bevor das passiert ist. Wie du aber erfahren hast, hatte dein Vater/deine Mutter einen Unfall, oder im Gehirn war etwas nicht so, wie es sein sollte. Egal, was passiert ist, es ist nicht deine Schuld. Lass dir das auch von niemandem einreden.

Schlimme Sachen passieren leider manchmal. Alles, was du tun kannst, ist, deinen Vater/deine Mutter zu unterstützen, so gut du kannst. Du darfst dich aber nicht schuldig fühlen, wenn du ihr mal nicht helfen kannst oder wenn du dich mal in dein Zimmer zurückziehen willst. Auch dir kann es mal zu viel werden, du bist traurig oder wütend oder willst einfach mit niemandem reden. Das ist völlig ok. Und auch wenn es für deinen Vater/deine Mutter und für euch als ganze Familie manchmal schwierig ist, darfst du trotzdem glücklich sein. Denn wenn du glücklich bist, haben deine Eltern weniger Sorgen um dich. Glücklich sein kann auch ansteckend wirken.

Tipps

Du kannst über deine Schuldgefühle mit einer Fachperson wie einer Ärztin oder einem Therapeuten reden. So erhältst du auch eine weitere Stütze ausserhalb deiner Familie.

Schreib deine Schuldgefühle auf ein Papier. Danach kannst du es vergraben, verbrennen oder an einem Ballon in die Luft steigen lassen. Vielleicht verschwinden dann die Schuldgefühle oder ein Teil davon wie das Papier.

4. Trauer

Ein Gefühl, dass du sicher ganz oft haben wirst, ist Traurigkeit. Es kann sein, dass du traurig bist und allein sein willst. Dann tut es gut, an einen Ort zu gehen, wo niemand dich stört und du vielleicht weinen kannst. Dies kann dein Zimmer oder auch draussen irgendwo sein. Es kann aber auch sein, dass du jemandem von deiner Trauer erzählen und nicht allein sein willst, wenn du weinst. Dann tut es gut, eine Vertrauensperson zu haben, mit der du sprechen, vor der du weinen kannst und die dich vielleicht in den Arm nehmen darf.

Tipps

Wenn du gerne liest, Filme schaust oder Musik hörst, dann kannst du ein lustiges Buch lesen, einen witzigen Film schauen oder fröhliche Musik hören.

Auch mit deinem Vater/deiner Mutter kannst du fröhliche Momente erleben. Dies kann beim Spielen oder auch beim gemeinsamen Erledigen von Alltäglichem sein.

Wenn du gerne tanzt, dann kann es Spass machen, allein oder mit einem Freund/einer Freundin ganz schräg und wild zu tanzen.

Wenn du lieber Geschichten erzählst oder hörst, kannst du dich mit einem Freund/einer Freundin treffen und ihr könnt einander lustige Geschichten oder Witze erzählen oder gemeinsam ein Hörspiel hören.

Vielleicht malst du gerne. Dann könntest du ein fröhliches, farbiges Bild malen oder natürlich auch ein trauriges.

Du und dein Freund/deine Freundin könntet auch versuchen, euch gegenseitig zum Lachen zu bringen. Das Ziel ist es aber, so lange wie möglich ernst zu bleiben.

Mit anderen über Gefühle zu sprechen, kann sehr hilfreich sein und es geht einem  danach oft viel besser. Es ist aber auch okay, wenn man mit der Situation mal nicht klarkommt. Vertrau dich jemandem an, wenn du dich länger traurig oder überfordert fühlst.

5. Wut

Es kann sein, dass du mal richtig wütend bist, weil deinem Vater/deiner Mutter so etwas passiert ist. Vielleicht bist du auch mal auf ihn/sie wütend. Vielleicht wirst du mal laut und sagst Sachen, die du nachher bereust.

Wichtig ist auch hier zu wissen, dass es völlig in Ordnung ist, auch mal wütend zu sein und laut zu werden. Die vielen Gefühle, die du jetzt hast, können überfordern, und manchmal wird man auch mal wütend oder laut, wenn einem alles zu viel wird. Vielleicht hilft es dir auch, wenn du wütend bist, mit jemandem zu reden. Oft muss sich die Wut aber legen, bevor du sprechen kannst.

Es kann auch guttun, diese Wut rauszulassen. Hier gibt es einige Sachen, die helfen können, richtig Dampf abzulassen oder dich zu beruhigen.

Tipps zum Wut rauslassen

Willst du deine Wut rausboxen, kannst du jemanden bitten, dir ein Kissen oder einen Boxsack aufzuhängen. Dort kannst du deine Wut reinboxen, so fest, wie du willst.

Du kannst auch ein Kissen nehmen und laut hineinschreien.

Wenn du gerne in der Natur bist, könntest du alleine oder mit einem Freund/einer Freundin Steine ins Wasser werfen und, wenn du Lust hast, laut dazu schreien.

Deine Eltern oder Grosseltern haben bestimmt Glas zum Entsorgen. Wenn du Lust hast, frag, ob du dieses entsorgen darfst, und dann kannst du dieses mit aller Kraft in den Container schmeissen, sodass es richtig schön «verscherbelt».

Wenn du gerade einen Ball zur Hand hast, kannst du ihn draussen gegen eine Wand schmeissen oder auf einem Feld so weit werfen, wie du kannst.

Etwas fest kneten oder drücken kann auch guttun. Dazu kannst du ein Stück Knete oder einen weichen Ball nehmen.

Schreiben tut manchmal auch gut. Du könntest aufschreiben, was dich so wütend macht. Danach könntest du dieses Papier je nach Lust und Laune behalten, zerknüllen, zerreissen, verbrennen oder einen Flieger falten und die Wut einfach wegfliegen lassen. Wenn du lieber malst, kannst du deine Wut auch malen.

Vielleicht hast du auch ein Instrument und einen Keller, in den du gehen und ganz laut spielen könntest.

Wenn du dich gerne bewegst, kannst du deine Wut «wegrennen», in dem du so schnell und weit rennst, wie du kannst. Bewegung und Sport helfen ganz allgemein, um mal wieder Ordnung ins Gefühlschaos zu bringen.

Wenn du gerne seilhüpfst, kannst du so lange hüpfen, wie es geht.

Vielleicht hat ein Freund/eine Freundin oder Geschwister Lust auf eine Kissenschlacht.

Tipps zum beruhigen

Ein warmes Bad kann sehr beruhigend sein. Vielleicht hast du noch schöne Badekugeln und kannst beobachten, wie diese sich im Wasser auflösen.

Wenn du gerne Musik hast, kann es helfen, ruhige Musik zu hören.

Wenn du ein Instrument hast, kann es auch beruhigen, wenn du dein Lieblingsstück darauf spielst.

Wenn du gerne massiert wirst, kannst du in deiner Familie jemanden darum bitten.

Es tut auch gut, manchmal einfach barfuss über eine Wiese zu laufen.

6. Hilflosigkeit

Es kann gut sein, dass du dich manchmal völlig hilflos fühlst. Du siehst, dass deine Mutter/dein Vater mit der Hirnverletzung und den Folgen zu kämpfen hat. Oder du siehst, wie hilflos dein gesunder Vater/deine gesunde Mutter, denen nichts passiert ist, sich fühlt.

Vielleicht siehst du deine Eltern oft weinen, während sie früher fröhlich waren und Spässe machten. Oder sie werden schnell wütend. Es kann auch sein, dass du versuchst, deine traurigen Eltern zum Lachen zu bringen, oder alles versuchst, dass sie wieder fröhlich werden. Du fühlst dich nun in solchen Situationen hilflos, denn du möchtest doch helfen und die Situation verbessern. Das ist völlig normal. Das geht auch anderen Personen so, die deine Mutter/deinen Vater vor der Hirnverletzung gekannt haben. Wichtig ist, dass du weisst, dass du nicht immer helfen kannst oder musst. Es gibt auch andere Menschen, die deinen Eltern helfen können. Dies können Verwandte oder Freunde von deinen Eltern oder der Familie sein. Es ist auf keinen Fall nur deine Aufgabe. Manchmal gibt es leider Situationen, die man nicht ändern kann oder die man aushalten und akzeptieren muss.

Tipps

Wenn du dich hilflos fühlst, möchtest du vielleicht mit jemandem darüber sprechen. Es gibt in deinem Umfeld sicher jemanden, mit dem du gerne sprichst und dem/der du vertraust.

Bei Hilflosigkeit würde man sich am liebsten im Zimmer verkriechen. Hilflosigkeit macht manchmal, dass man sich wie gelähmt fühlt. Da hilft es am meisten, genau das Gegenteil zu machen. Rausgehen, schnell rennen oder laut schreien, kann dann ganz guttun. Schau dir auch die Tipps zum Gefühl Wut an. Diese passen auch, wenn du dich hilflos fühlst. Wichtig ist, dass du dich von der Hilflosigkeit nicht lähmen lässt, sondern singst, tanzt, schreist oder rennst.

Wenn du gerne malst, kannst du ein Bild deiner Hilflosigkeit malen.

Vielleicht schreibst oder dichtest du lieber. Dann könntest du ein Lied, einen Rap, ein Gedicht oder eine Geschichte zu deiner Hilflosigkeit schreiben.

7. üBERFORDERUNG

Der Familienalltag hat sich durch die Hirnverletzung bei deinem Vater/deiner Mutter verändert. Du verstehst nicht mehr, was jeden Tag passiert und wie es weitergehen soll. Du weisst auch nicht, ob deine Eltern weiterhin Zeit und die Möglichkeit haben, dich so gut durch den Alltag zu begleiten, wie sie dies bisher getan haben. Vielleicht hast du auch neue Aufgaben im Haushalt übernommen oder pflegst nun deinen Vater/deine Mutter nach der Hirnverletzung.

Wenn dich ein Schulkollege/eine Schulkollegin fragt, ob du am freien Nachmittag mit ins Schwimmbad kommst, weisst du gar nicht, wie du reagieren sollst. Denn du möchtest ja nicht jedem und jeder erklären, dass du jetzt wegen der neuen Situation mehr zu Hause sein musst. Dazu kommen neue Gefühle wie z.B. Angst, die du zuvor so nicht gekannt hast. Das alles überfordert dich. Und jeder und jede wäre genauso in solch einer Situation überfordert, egal, ob er/sie noch ein Kind ist oder schon erwachsen.

Tipps

Es kann für dich hilfreich sein, die Situationen, in denen du dich überfordert fühlst, aufzuschreiben.

Wichtig ist, dass du über die neue Situation redest und deinen Eltern sagst, dass es so für dich nicht geht. Wenn du nicht weisst, wie du es deinen Eltern erklären sollst, dann kannst du ihnen auch einfach diesen Text zur Überforderung zeigen. Vielleicht verstehen sie dich so schon besser.

Sprich mit nahestehenden Personen, Freunden und Freundinnen darüber, denn reden hilft. Vielleicht kannst du mit diesen Personen auch Lösungen finden.

Sprich mit deiner Lehrperson, der Schulsozialarbeit, bei einer Beratungsstelle oder bei der Helpline von FRAGILE Suisse über dein Problem. Diese Leute können dir helfen, Lösungen zu finden. Die Lösungen betreffen nicht nur dich, sondern auch deine Eltern. Denn wenn z.B. eine zusätzliche Haushaltshilfe oder Pflegeassistenz engagiert werden kann, entlastet das auch dich.

Du musst wissen, dass es nicht deine Aufgabe ist, deinen Vater/deine Mutter zu pflegen. Du bist immer noch sein/ihr Kind und kannst ihn/sie im Alltag bei einfachen Tätigkeiten unterstützen. Für die Pflege muss jemand angestellt werden.

8. Sorge

Bestimmt machst du dir auch grosse Sorgen. Du stellst dir vielleicht folgende Fragen, auf die es leider keine eindeutigen Antworten gibt:

Überlebt er/sie die Verletzung?

In der Regel überlebt man eine Hirnverletzung. Doch welche Folgen eine Hirnverletzung auslösen und wie das Leben nachher ausschaut, ist völlig offen.

Kann eine solche Hirnverletzung nochmals passieren? Kann mir das auch passieren?

Die Chance ist sehr gering, dass dein Vater/deine Mutter nochmals eine Hirnverletzung erleiden wird. Leider kann so eine Hirnverletzung jedem passieren, sei es als Krankheit oder als Unfall. Aber es heisst nicht, dass die Möglichkeit, dass du eine Hirnverletzung erleiden wirst, bei dir grösser ist, nur weil dein Vater/deine Mutter eine Hirnverletzung hatte.

Wie geht es meinem Vater/meiner Mutter? Geht es ihm/ihr gut im Spital oder in der Rehabilitationsklinik?

Deinem Vater/deiner Mutter wird es den Umständen entsprechend gut gehen. Es kann sein, dass er/sie noch im Koma liegt oder schon wieder fast so fit ist wie vor der Hirnverletzung. Es ist sicher gut, dass er/sie noch im Spital oder in der Rehabilitationsklinik ist, denn dort erhält er/sie die Pflege und Unterstützung, die er/sie braucht. Ihm/ihr wird dabei geholfen, all die Dinge wieder zu lernen, die durch die Hirnverletzung verloren gingen.

Wie geht es nun weiter?

Es wird weitergehen, aber anders als vorher. Das ist am Anfang schwierig zu akzeptieren, denn vielleicht war es vor der Hirnverletzung einfach schön so, wie es war. Aber auch jetzt wird es wieder schön werden, aber eventuell einfach anders als vorher. Diese Veränderung zu akzeptieren, braucht Zeit – gib dir und deiner Familie diese Zeit.

Wird mein Vater/meine Mutter wieder gesund?

Dein Vater/deine Mutter wird weiter Fortschritte machen. Es kann aber sein, dass diese Fortschritte nicht immer weitergehen. Irgendwann bleiben die Folgen der Hirnverletzung so, wie sie sind. Dementsprechend ist es wichtig, dass dein Vater/deine Mutter, aber auch du dies so akzeptiert.
Wenn die Hirnverletzung schwer war, dann wird dein Vater/deine Mutter wohl für immer mit gewissen Einschränkungen leben. Das gehört auch zum Leben. Vielleicht brauchst du eines Tages z.B. eine Brille und du wirst dann auch lernen, diese Brille als einen Teil von dir zu akzeptieren.

Hat er/sie mich immer noch gerne?

Egal wie sehr dein Vater/deine Mutter sich verändert hat, er/sie hat dich immer noch sehr gerne. Vielleicht kann er/sie das nicht mehr sagen oder nicht mehr so zeigen wie früher, aber das ändert nichts an der Liebe deines Vaters/deiner Mutter zu dir.

Was ist nun mit mir? Bin ich noch wichtig für die Familie?

Es kann sein, dass dir nun in der Familie weniger Beachtung geschenkt wird, man weniger mit dir spricht, dir weniger zuhört und der Rest der Familie weniger Zeit für dich hat. Du bist und bleibst aber sehr wichtig für die Familie. Alle haben dich trotzdem noch gleich gerne, wollen, dass es dir gut geht und dass du schaust, dass es dir gut geht.

«Ich möchte kein Mitleid. Ich will es nicht erzählen, damit es nachher nicht heisst „oje, du Arme. Das tut mir ja so leid.“ Mitleid nützt mir gar nichts. Es ist kein Tipp, den man mir gibt, es ist keine Empfehlung, es ist gar nichts.»

Hanna, 16 Jahre

Brauchst du hilfe oder hast du Fragen?

Die FRAGILE Helpline ist jederzeit für dich da. Wir helfen dir bei Fragen und Sorgen.